
Eintrag vom
Konzert zum 16-jährigen Jubiläum
Von Peter Lahr
Lieder, die unter die Haut gehen
Cantabile hatte „Starke Töne“ im Gepäck – Über 350 Zuhörer in der Haßmersheimer Festhalle
Passend zum nebligen Herbstwetter draußen, begann das Konzert des gemischten Chors „Cantabile“ am Sonntagabend in der gut gefüllten Festhalle von Haßmersheim mit der Einladung, die „Streets of London“ zu besuchen. Über 350 Zuhörer konnte Vorsitzender Helmut Gacs begrüßen. Unter dem Motto „Starke Töne“ präsentierte man „Lieder über Träume und Freiheit, über Glück und Trauer, über Frieden und Leidenschaft. Lieder, die unter die Haut gehen.“ Dass so viele Menschen gekommen seien, motiviere und mache glücklich, betonte der Redner und verwies auf manchen Mitsänger, wie etwa Bürgermeister Marcus Dietrich, der als Tenor mitwirkte.
Ein feines Klavierintro von Maria Lott eröffnete John Rutters Hymne „For the beauty of the earth“. Dirigent Rupert Laible, der auch die meisten Arrangements gesetzt hatte, konnte den Chor zu einem nuancenreichen Vortrag voller Empathie anspornen. Recht opulent und erstaunlich kuschelig gestaltete der Chor den A-Capella-Hit „Only you“. Einige ins Deutsche übertragenen Textzeilen, vorgetragen von wechselnden Sängern, erleichterten den Zuhörern das Verständnis. Etwa bei Charles Trenets „La Mer“. Erst als Ballade, dann mit locker-leichtem Swing-Akzent, gefiel dieses Chanson. Ins verlorene Reich der Kindheit ging es mit Nessajas Lied „Ich wollte nie erwachsen sein“. Nicht nur die Schildkröte, der der Drache Tabaluga begegnet, wagte sich auf die Bühne, auch ein Kinder- und Jugend-Projektchor, der schnell begeisterte. Es folgte der Karat-Hit „Über sieben Brücken, der ebenfalls zum Repertoire von Peter Maffay zählt.
Einen Höhepunkt des Konzerts bildete ein Stück Filmmusik. Das bekannte „Vois sur ton chemin“ (Achte auf deinen Weg) aus „Die Kinder des Monsieur Mathieu“ kam nicht nur auf den Punkt. Schnörkellos sangen es die Kinder und Jugendlichen – unterstützt von einigen Großen – ergreifend schön, schlicht und betörend.
Filigran starteten die Cantabile-Frauen die moderne Hymne „You raise me up“. Für Gänsehautgefühle sorgte auch Rupert Laibles Keyboardspiel. Noch eine Spur pathetischer wurde es mit „We are the world“ bei dem auch wieder Jugend mitsang. Zum weichen Takt bewegten sich die Sängerinnen und Sänger, entspannte Cajonlinien steuerte Alexander Just bei.
Richtig viel zu tun bekam die „Band“ in der temporeichen zweiten Spielzeit. Zunächst lockten Uwe Marckscheffel an der Gitarre und Ulrich Schmidt am Bass die Sänger aus allen vier Himmelsrichtungen an. Voller Pep gelang Shaun Cassidys lautmalerischer Song „Doo ron ron“. Unheilig wurde es mit „Geboren um zu leben“. Bildeten zunächst die Sänger die tragende Säule, übernahmen bald die Damen und die Jungen das Liedruder, was zu einer wohltuenden Stimmlagenvielfalt führte. Sternenfunkelschneegestöber in der abgedunkelten Halle? Dank Discokugel gar kein Problem. Annette Humpes „Universum“ punktete nicht nur optisch, sondern auch stimmlich – voller Tempo und Kraft.
Eine musikalische Reise durch die 1970-er Jahre sorgte für Begeisterung. Das Medley begann mit Simon and Garfunkels „The Boxer“. Die Sänger transportierten unschwer einen Hauch Lagerfeuerromantik und kredenzten dazu Stimmen, spritzig wie Perlwein. Zum Mitwippen verführte „No milk today“. Flirrende Tastenläufe leiteten zu „Those where the days“ über. Die ganze Halle klatschte den immer schneller werdenden Rhythmus ausgelassen mit. Das neue Zeitalter brach mit „Aquarius“ an. Der „Hair“-Klassiker gewann mit einer effektvoll getakteten Laut-Leise-Regie. Mit einem kreativen Vorspiel machte man sich auf zum Flug nach „Africa“.
Handinnenflächen rieben die Sänger aneinander, zauberten mit Fingerschnippen erste Regentropfen und ließen es mit Bodypercussion ordentlich prasseln. Dabei vergaßen sie nicht mal das Donnergetöse der trampelnden Füße, dem unmittelbar ein Blitz folgte. Im Cockpit beim Power-Finale begrüßte Kapitän „Toto“.
„Wir würden am liebsten noch den ganzen Abend weitermachen“ bedankte sich der Cantabile-Vorsitzende bei allen, die das Konzert ermöglicht hatten. Zwei weitere Darbietungen erkämpften sich die Zuhörer mit Rufen nach einer Zugabe und stehenden Ovationen.
Der Artikel erschien in der Rhein-Neckar-Zeitung. Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Autors und der RNZ.