
Eintrag vom
Konzert zum 5-jährigen Jubiläum
Von Birgit Dietrich
Großes Chorkonzert zum 5-jährigen Bestehen des gemischten Chors Cantabile Haßmersheim
Haßmersheim. Zu einem Konzert mit Musik aus dem 20 Jahrhundert hatte der junge Chor des Männergesangvereins Haßmersheim „Cantabile“ seine Freunde zu seiner Geburtstagsfeier am 27.10.2002 in die stilvoll herbstlich dekorierte Haßmersheim Sport- und Festhalle eingeladen. Mit einem bunte Mix aus Pop, Musical und Evergreens gratulierte sich der Chor selbst unter dem Motto „Häbbi börsdäi“ (Happy Birthday) und Vorstand Helmut Gacs zeigte sich erfreut über den Zulauf zu diesem ersten Konzert, das nur von Cantabile ausgeführt wurde.
Von Abba bis Simon & Garfunkel über West Side Story und Zauberer von Oz hatte Dirigent Rupert Laible die richtige Mischung für das Haßmersheimer Publikum gefunden. Südamerikanische Klänge bildeten den Auftakt. Unterstütz von Schlagzeuger Hansi Klimmer ließ der Chor bei „Brazil“ erstmals seine rhythmischen Möglichkeiten erkennen. „Tonight“, das Liebeslied der Balkonszene aus West Side Story, bzw. Romeo und Julia, vertont von Leonard Bernstein ließ in seinem zwei Teilen den Konflikt des Musicals zwischen den einheimischen Amerikanern und den eingewanderten Puertorikanern musikalisch aufleben. Dass es im Chor auch hörenswerte Solisten gibt bewiesen Birgit Dietrich und Reinhard Merkl bei ihrer Interpretation von „Somewhere“ ebenfalls aus dem Musical West-Side-Story. Im Orginal als Versöhnung der verfeindeten Gruppen im Ghetto von Ney York angelegt, interpretierten die beiden dies als letztes Liebeslied des sterbenden Tonys und seiner Liebe Maria.
Einen ersten Block bildeten dann drei Lieder des amerikanischen Gesangsduos Simon & Garfunkel. „Scarborogh Fair“ führend gestaltet von den zahlreichen Alt-Sängerinnen basiert auf einem alten schottischen Volkslied. Im Wechselgesang der Frauen- und Männerstimmen erkannte man die vier schwierigen Prüfungen wieder, die eine Frau bestehen muss, bevor sie einen Mann heiraten darf die, quasi als Lebenserinnerung der Geschlechter bei einem Bummel über den Mark angelegt waren. Die, nicht nur bei diesem Stück, gelungene Gitarrenbegleitung von Uwe Marckscheffel stand Paul Simons Original kaum nach. Den Stimmungsbogen nahm dann „The Sound of Silence“ auf. Der erste US-Nummer 1-Hits des Duos Simon & Garfunkel mit seinen wechselnden Moll –und Dur- Partien wurde zu einer musikalischen Achterbahnfahrt entwickelt. Beim opulenten „Bridge Over Troubled Water“ durften nun auch die Männerstimmen ihr Können unter Beweis stellen. Gefühlvoll, ja fast poetisch entwickelte sich die Ballade aus zarten Anfängen bis zum sinfonischen Schluss- und Höhepunkt, am Klavier gekonnt begleitet von Dirigent Rupert Laible, der mehr mit dem Kopf als mit den Händen dirigierte.
Dass der Chor nicht nur über besinnliches Repertoire verfügt, sondern auch mit Popsongs Gott sei Dank dem Zeitgeist frönt, bewiesen die nächsten modernen Gassenhauer. „California Dreaming“, in der Originaltonart D-Moll eigentlich nur für Stimmakrobaten geeignet, ließ das Power-Flower-Feeling der 60er Jahre aufleben. Das obligatorische Flötensolo als Salz in der Suppe von Anne Scherz und die Soloparts von Claudia Fritsch und Sabine Harnisch ließen mehr als Ähnlichkeiten zu den „Mamas & Papas“ des Jahres 1965 erkennen. Mit Happy Music der Beach Boys gings dann weiter. Im Song „Barbara Ann“ solistisch getragen von Ulrike Ernst und Birgit Dietrich spiegelte sich der typische Surfingsound wieder trotz der teilweise wohl auch für die Sängerinnen und Sänger überraschende Anordnung der Liedteile. Den Abschluss dieser musikalischen Stimmung bildete nach der Pause das allseits bekannte „Lolipop“ von The Chordettes in teilweise fünfstimmiger Harmonierung. Hier bewies Cantabile, dass nicht man nicht nur mit musikalischer Umrahmung singen kann, sondern sich vor Acapella-Stücken nicht verstecken muss und das Publikum ließ sich gerne zum Schnippen und Klatschen einladen.
Einfühlsam, aber in der chorischen Umsetzung im teilweise sechs-stimmigen Satz eine wahre Herausforderung für die Sängerinnen und Sänger, ging es dann im Musicalteil des Programms weiter mit „Somewhere Over The Rainbow“ verstärkt mit einem Flötensolo der jungen Anne Scherz . Hier war vor allem die kleine Gruppe der Sopranistinnen beansprucht.
Mit einem weiteren gefühlsbetonten Liebeslied „Besame“ (Küss mich) im spanischen Original und deutscher Interpretation erfreute die Solo-Sängerin Birgit Dietrich die Zuhörer und bewies mit Begleiter Rupert Laible ihre stimmliche Reife. Damit bildete sie dann auch den Übergang zu zwei feinsinnigern Liedern. Hier, wie an anderen Stelle des Programms, wurden einführende Übersetzungen und Interpretationen von Sprecherinnen angeboten, die den Zuhörern den Zugang zu den fremdsprachigen Liedern ermöglichte. Zunächst „Tears in Heaven“ von Eric Clapton, der den gefühlsbetonten Song nach dem Tod seines vierjährigen Sohnes bei einem Sturz aus dem Fenster im März 1991 schrieb und Cantabile bewies mit seiner sensiblen Interpretation mit dem Thema des Liedes umzugehen und dennoch die Hoffnung auf den ewigen Himmel zu vermitteln. Dazu passte dann auch die Fortsetzung mit Billy Joels „And So It Goes“ über die verflossene Liebe.
Einen musikalischen Kontrapunkt bildeten dann die beiden Hits der schwedischen Pop-Gruppe Abba, die in den 70er Jahren zu den großen musikalischen Abräumern gehörte. „Fernando“ als Anti-Kriegslied und persönliche Lebenserinnerung interpretierte Cantabile im neuen Gewand. Und bei „Thank You For The Music“ kurz vor Ende des Programms wollte man sich als Zuhörer einfach anschließen und bei Cantabile für das gelungene Konzert bedanken. Der Zusammenklang in diesem wie immer mindestens vierstimmigen Vortrag überzeugte nicht nur durch Harmonie sondern auch durch Schwung und Pep.
Dass auch deutsches Liedgut gepflegt wird bewies der Chor dazwischen mit dem Udo Jürgens Schlager „Ich war noch niemals in New York“ bei dem sich Rupert Laible solistisch bewähren durfte und den sentimentalen Ehemann natürlich gefühlsbetont interpretierte. Überraschend dann aber das Ende dieses Liedes, bildete es doch den Übergang zu „New York, New York“ dem bekannten Liza-Minelli-Song. Den dazugehörigen Glamour vermittelten die fünf Tänzerinnen aus den Reihen der Cantabile-Sängerinnen, die mit einer eigenen Choreographie den Flair des Broadways nach Haßmersheim brachten. Damit war der Beweis erbracht, dass bei Cantabile mehr gemacht wird als nur gesungen. Das Finale bildete der Siegertitel des Gran Prix Eurovision aus dem Jahre 1974 „Halleluja“. Bei der deutschen Umsetzung konnten die fröhliche Stimmen Cantabiles nochmals beweisen, dass Chorgesang in jedem Alter Spaß machen kann und nicht nur eine Angelegenheit für angegraute Damen und Herren ist. Den stürmisch geforderten Zugaben kam der Chor mit den Wiederholungen von „Tonight“ und „Brazil“ gerne nach. Bei so viel Engagement und Sangesfreude darf man sich schon heute auf den nächsten runden Geburtstag in fünf Jahren freuen wenn es wieder heißt „Häbbi Börsdäi Cantabile“.
Der Artikel erschien in der Rhein-Neckar-Zeitung.